Mittwoch, 25. April 2012

Die Wüste lebt

Um die Lücke zwischen Blogeinträgen und tatsächlichem Datum etwas zu verkleinern, versuche ich mal ein bischen zu raffen. Gleichzeitig weiß ich, das wird schwer, weil ich soviel erwähnenswerte kleine Details erlebe.



(Sa. 7.4.) Kaum habe ich San Pedro de Atacama erreicht, muß ich auch schon das Hostel wechseln, weil die kommende Nacht bereits ausgebucht war - Ostern läßt grüßen. Erst ärgere ich mich etwas, weil das natürlich bedeutet alles wieder zusammen packen zu müssen und das Hostel - abgesehen von den 6 quietschenden Betten - eigentlich ganz nett war. Im Nachhinein war der Wechsel gut, denn es wartete ein 4-er Zimmer mit Locker und guten Betten auf mich. Dann schlendere ich durch die unbefestigte, staubige Hauptstrasse und eine Nebenstrasse in der sich das gesamte touristische Leben von San Pedro abspielt - sprich hier reiht sich Touranbieter an Touranbieter. Ich lasse mir von 2-3 das Standardangebot erklären und gehe dann noch in zwei bolivianische Agenturen, welche die Uyuni-Touren anbieten. Wie zu erwarten war, ist es bei allen sehr sehr ähnlich. Mein Infokanal ist zunächst erstmal voll.


Ich treffe Marga und Arnoud, die gerade ins Valle de la Muerte und Valle de la Luna starten; man trifft sich bestimmt unterwegs. Ich gehe erst noch ein Humidas essen und schleppe einen 5 Liter Wasserballon zum Hostel, um mich dort ebenfalls für die Radtour zu präparieren. Auf die Idee, sich 14:30 Uhr ein Bike auszuleihen und damit durch die Wüste zu strampeln, kommen bestimmt nur Touristen - zum Glück zähle ich zu dieser Spezie. Auf der Asphaltstrasse bin ich zum oberen Ende des Valle de la Muerte und hab die tollen Sandsteinformationen und Dünen zunächst von oben bewundert.

Dann wollte ich auf der Piste das Tal hinunter rollen. Tja, leider war es teilweise so sandig, dass ich abwärts schieben musste. Trotzdem ein schönes Erlebnis! Vor allem die schneebedeckten Vulkanberge im Hintergrund haben der Landschaft eine unverwechselbar beeindruckende Note verliehen.


Im Valle de la Luna geht es um einiges touristischer zu, was sich nicht nur anhand des Kassenhäuschens manifestiert. An jedem "Haltepunkt", den man der wahlweise englischen oder spanischen Infobroschüre entnehmen kann, stehen bereits mehrere Autos. In der "Cueva" - eine sehr enge Höhle, der man etwas 10 Min. entlang laufen kann - sind es ein paar weniger, weil nicht jeder mit Stirnlampe ausgestattet ist. Der "Canyon" ist leider gesperrt, seit den starken Regenfällen und Überschwemmungen im Januar - ja ganz richtig gelesen - ein Jahrhunderereignis in der trockensten Wüsten der Welt, in der nur etwas 1/50 der Regenmenge fällt, die im Death Valley in den USA gemessen wird. Das sogenannten "Amphitheater" ist geologisch eine Auffaltung des Salars (Salzebene), die ursprünglich mal ein Meer war. Dort treffe ich Marga und Arnoud wieder. Das Timing hätte perfekter nicht sein können. Gemeinsam radeln wir zum letzten eigentlichen Highlight der Tour: eine hohe Düne von der aus man den Sonnenuntergang beobachten kann.


Als Überraschung habe ich für jeden eine Dose Bier im Gepäck, die sorgsam in einen Pulli eingewickelt sogar noch schön kühl sind. Weil der Himmel heute recht bedeckt und bewölkt ist, präsentiert sich die Farbenpracht leider etwas verhalten. Auch stören die Heerscharen an Touristen, die busweise z.T. auch "nur" für dieses Event herangekarrt werden, etwas die Stimmung. Schön war es natürlich trotzdem. Ich musste eben etwas weiter laufen, um ein Foto ohne Menschen zu bekommen. Auf dem Rückweg haben wir dann noch das Emporkommen des Vollmondes beobachten können - diesmal nur beinahe so spektakulär wie vor 4 Wochen in den patagonischen Kanälen.


(So. 8.4.) Den Ostersonntag hatte ich zum Ruhetag auserkoren und wollte eigentlich endlich mal wieder so richtig üppig ausschlafen, aber 8 Uhr war die Nacht für mich vorbei. Statt die nächsten Tage immer frühstücken zu gehen, was zwar lecker klingt, es aber in Anbetracht von Nescafe, Zuckerplörre statt Saft und trockenem Brötchen nicht ist, kaufe ich mir Haferflocken, schnibbel eine Banane hinein und kippe Kaba drüber. Ich verbringe den Tag mit Reiseplanung, Mails schreiben und besuche das durchaus interessante archäologische Museum - die Trockenheit der Wüste hat sogar Textil- und Pflanzenfasern konserviert, so dass einige Exponate durchaus mehrere Tausend Jahre alt sind.

(Mo. 9.4.) Bereits 3:40 Uhr geht der Wecker, Um 4:20 Uhr werde ich zur Gysir-Tour abgeholt, denn im Morgengrauen ist dieses Naturwunder am eindruckvollsten. Die ersten paar Minuten der Fahrt schaue ich mir die vom noch recht vollen Mond beschienene Landschaft an, aus der insbesondere die weißen Vulkane hervor-stechen, dann schlafe ich vom Geruckel des Busses doch ein. Ich habe Glück, noch vor einem Monat, war diese Tour wegen des erwähnten starken Regen im Januar nichtmal mit Allradfahrzeugen möglich. Aber da diese Touren eine wichtige Einnahmequelle sind, hat man sich sehr schnell um die Aufräumarbeiten gekümmert.



Als wir 6:30 Uhr den Parkeingang auf ca. 4500m Höhe erreichen, hat es -6°. Ich bin froh um die kuschlig warme Fleecehose unter der Jeans und die Daunenjacke, so dass ich ganz entspannt über das Feld der dampfenden, brodelnden und zischenden Erdlöcher spazieren und in Ruhe auf die unregelmäßig erscheinenden Wasserfontänen warten kann. Um dieses absolut sensationelle Naturschauspiel richtig genießen zu können, waren mir aber doch zu viele Busse und Leute dort. Auch wenn das Frühstück sehr einfach war, über den heißen Tee oder Cafe waren alle sehr froh. Wem dies zum Aufwärmen noch nicht gereicht hatte, konnte wenig später in ein Becken vulkanisch warmen Wassers steigen. Wieder zusammen mit all den anderen 10-15 Kleinbussen, die natürlich alle dem selben Zeit- und Fahrplan folgen.

Den letzten Stopp machten wir dank unseres Guides, der die Gegend sehr gut kennt und sich trotzdem noch für Details begeistert, anders als alle anderen Gruppen. Wir halten am Rande eines interessanten Canyons, in den wir von oben reinschauen. Im steinigen Terrain zeigt uns der Guide mehrere kleinere Blümchen, die er selbst noch nie gesehen hat. Es gibt in der Wüste tatsächlich Pflanzen, die warten bis es ausreichend regnet, um zu blühen und wenn es 20 Jahre dauert.

Die Gysire waren natürlich die Hauptattraktion dieses Ausflugs, aber ich habe auch folgendes gelernt: Wer meint, dass die Wüste öde ist, im Sinne von eintönig, der täuscht. Wüste ist hier eine überaus abwechslungsreiche Mischung mit Felsformationen, Canyons, wasserführenden Tälern, allerlei Tieren wie beispielsweise Vicunias, Viscachas, Vögel und Enten bis hin zu kleinen Feldern leuchtend blauer Blumen.