Zwei gigantische Täler - eines auf chilenischer, das andere auf argentinischer Seite steigen immer weiter an und treffen sich am Paso Bermejo, dessen Autotunnel auf 3185m liegt. Da es der wichtigste Andenübergang zwischen beiden Ländern ist, ist die Straße sehr gut ausgebaut. Wenn zwei Sattelschlepper in einer der 29 Kehren, die sich auf der chilenischen Seite empor winden, aneinander vorbei wollen, wird es trotzdem eng. Überwiegend ist es jedoch LKW-Verkehr, nur vereinzelt sind Busse oder PKWs unterwegs.
Das sind die Anden, wie ich sie mir vorgestellt habe oder auch den Himalaya. Nicht mehr diese seichten Anden mit 2000-3000m Höhe, die bisher meine Reiseroute bestimmt haben. Diese Berge, die Täler und Bergmassive haben ein ganz anderes Kaliber, sind schlichtweg gigantisch. Und der Aconcagua, auf den wir vom Bus heraus einen kurz Blick werfen können, ist einfach nur majestätisch.
Als wir am nächsten Morgen um 8:15 Uhr in den Bus steigen und in die müden Gesichter derer gucken, die in Medoza eingestiegen und schon seit 3 Stunden auf den Beinen sind, fühle ich mich erneut bestätigt in meiner gesterigen Spontanität. Ich hab mir nicht nur zweimal eineinhalb Stunden Fahrt und frühes Aufstehen gespart, sondern hab auch etwas in der Höhe schlafen können. Da Uspallata auf 1900m liegt, Mendoza hingegen nur auf etwa 800m, hoffe ich die Kurzatmigkeit während der Wanderung zumindest ein klitzekleines Bischen zu entschärfen. Nach etwa einstündiger Fahrt, werden wir an der Parkverwaltung abgesetzt. Hier heißt es Registrieren und ordentlich Eintritt berappen. Meine Güte ist das reglementiert hier - unglaublich. Ich mußte das einseitige Regelwerk unterzeichnen, das auch die Höhe der Strafen nennt: Pinkeln außerhalb der am Anfang und am Ende des Trecks befindlichen Toiletten wird mit 500 US-Dollar geahndet; campen außerhalb der definierten Camps mit 1000 US-Dollar.
Und selbst für das Tages-Permit mußte ich ein zweiseitiges Formular aufüllen in dem so ziemlich Alles abgefragt wurde: von Vorerkrankungen, über aktueller Fitnesszustand, auf welcher Höhe man lebt und auf welcher man sich zuletzt aufgehalten hat, welches die maximale Höhe war, die man jemals erreicht hat, welche Blutgruppe man hat, wer im Falle eines Notfalls zu benachrichtigen ist etc. pp. Und dann noch die Sache mit den Eintrittpreisen: die kleine Permit mit der man bis zur Brücke (1 Std.) gehen darf, kostet 10 argentinische Pesos (ca. 2 Euro). Die Tages-Permit mit der man bis Confluencia auf 3400m gehen darf, kostet bereits 75 Pesos (ca. 15 Euro). In Anbetracht der Tatsache, dass man für Übernachtung mit Frühstück im Durchschnitt genausoviel bezahlt und man außerdem von der Südwand auch nicht mehr zu sehen bekommt, als mit der kleinen Permit, finde ich die Preise für hiesige Verhältnisse ganz schön teuer. So richtig zugelangt wird dann beim 3- und 7-Tages-Permit mit 380 (70 Euro) bzw. 660 Pesos (120 Euro) und natürlich beim Gipfel-Permit, welches 20-Tage gültig ist und in der Zeit von Mitte November bis Mitte März in Neben- (1200 Pesos = 220 Euro), Zwischen- (2200 Pesos = 400 Euro) und Hochsaison (3000 Pesos = 550 Euro) unterscheidet. Es ist eben der Aconcagua und mit 6962m nicht nur einer der 7 Summits, sondern der höchste Berg außerhalb des Himalyas.
Gegen 10 Uhr haben wir alle administrativen und pekuniären Hürden überwunden und laufen los. Schön gemächlich, schließlich befinden wir uns auf 2850m Höhe. Die Berge ringsum leuchten in der Morgensonne teils in kräftigem Rot. Bald haben wir die Laguna de Horcones erreicht in der sich der Aconcagua spiegelt. Den höchsten Punkt meiner bisherigen Reise - Confluencia auf 3400m - muss ich mir heute mühevoll erarbeiten. Nicht nur die absolute Höhe macht mir zu schaffen, sondern leider plagt mich auch ein Schnupfen. Um halb zwei ist es dann doch geschafft; natürlich auch dort erstmal registrieren. Den Picknick-Tisch teilen wir uns mit dem einzigen anderen Touristen, einem sehr redseeligen Japaner. Die Saison ist erst wenige Tage abgeschlossen und schon ist es hier wie ausgestorben. Während der Saison trampeln sich auf dem Weg hierher Tagestouristen und Gipfelstürmer gegenseitig auf den Füßen rum. 14 Uhr treten wir den Rückweg an, denn bevor wir zum Bus eilen können, müssen wir ja noch schön brav auschecken. 16:45 halten wir per Handzeichen den Bus an, der uns in knapp drei Stunden nach Medoza bringt.
Fazit des Tages: eine Wanderung in wunderbarer Hochgebirgslandschaft. Super war auch, dass ich mit Marga und Arnaud die ganze Zeit nur Spanisch gesprochen habe und ich - obwohl es nur ein einziger Tag war - mein Spanisch spürbar verbessern konnte. Übung macht eben doch den Meister. Und natürlich ist der Anblick des Aconcagua absolut beeindruckend. Jetzt will mich wahrscheinlich der ein oder andere fragen: "Und, willst du da mal raufsteigen?" Darauf gibts ein klares: "Ich weiß nicht". Der Berg an sich ist schon überaus reizvoll, aber der zu erwartenden Andrang und insbesondere die Reglementierung wirken ziemlich abschreckend auf mich.