Sonntag, 18. März 2012

Bariloche - ein Ort zum Urlaub machen

Bevor ich von Bariloche berichte, erzähl ich noch ein wenig vom Reisen. Ich finde es super spannend, wie sich Orte und Landschaften verändern. Die Gebäude in Pt. Natales und in Pt. Varas beispielsweise sind völlig unterschiedlich. Während in Nateles farbenfroh angemaltes Wellblech DAS Material für Häuserfasaden war, dominierte in Pt. Varas Holz und zwar überwiegend in Form von Schindeln. Auf der Fahrt von Pt. Varas nach Bariloche habe ich die Veränderung der Landschaft als sehr spannend empfunden. Weiden mit Fleckvieh wechselten mit Wald, Obstwiesen mit Apfel- und Kirschbäumen und landwirtschaftlich genutzten Flächen wie z.B. Mais- und Himbeerfelder. Morgens war es noch neblig - es wird langsam Herbst hier - später schön spätsommerlich sonnig.


Nach der chilenischen Grenze ist der Wald wie vertrocknet, was der Hitze des Vulkanausbruchs des Puyehue im Juni 2011 geschuldet ist. Je höher wir kommen, desto mehr Asche und Sand liegt am Strassenrand. Auf der Passhöhe war es am ausgeprägtesten - wie eine Mondlandschaft. Zwei kleine Seen an denen wir vorbeifuhren, waren vollständig mit Asche bedeckt, so dass ich es fast als pflanzenfreie Ebene verkannt hätte. Ich dachte schon, dass es doch ein Fehler war Bariloche anzusteuern, weil man ja davon gehört hatte, aber je tiefer wir kamen, desto grüner der Wald und auch immer weniger Asche.

Innerhalb nur einer weiteren Stunde Fahrzeit ändert sich der Bewuchs komplett. Die Bäume werden kleiner, der Wald lichter, es kommen Kiefern hinzu und immer mehr niedriges Buschwerk. Manches sieht mir aus wie Ginster. Insgesamt ergibt sich ein fast mediteraner Anblick, wenn da nicht der tiefblaue Nahuel Huapi See wäre, der in Strandnähe türkis leuchtet. Die Vegetation wird immer trockener, kurz vor Bariloche ergibt sich ein steppenartiges Bild.

Bariloche ist für mich ein Ort, an dem man sehr gut abhängen und Urlaub machen kann. Es gibt ebensoviele Einkaufs- wie Ausflugsmöglichkeiten z.B. Rafting, Seekajak, Fahrrad und eben Strand. Mir ist es aber mehr nach Reisen, weswegen ich hier etwas die Gegend anschaue und mich dann wieder auf den Weg weiter nach Norden mache. Das Hostel, das ich auf Christians Empfehlung hin gewählt habe, ist aber doch eine Erwähnung wert. Es heißt "Penthouse 1004" und befindet sich in der Wohnung Nr. 04 im obersten Stock eines 10-geschossigen Wohnblocks und bietet somit direkt aus meinem Bett, aber auch von der sehr chilligen Dachterrasse einen tollen Blick über den See und die dahinterliegenden Anden. Wer hier nicht bei Sonnenuntergang mit einem Bier in der Hand sitzt, ist selbst schuld.

Gestern war ich dann faul und habe mir die 900 Höhenmeter Anstieg erkauft statt erwandert. Ich bin also erst mit dem Bus gefahren und dann per Gondel und Sessellift bis auf 1900m auf den Cerro Cathedral. 11:30 Uhr bin ich dann losgelaufen. Die Tour führt stets mit tollen Ausblicken auf den knapp 3500m hohen Vulkan Tronador und auf den See dem Kamm entlang und leitet dann zum Refugio Frey hinab. Dieses liegt auf einer Höhe von 1700m sehr hübsch an einem kleinen Bergsee und ist umgeben von Kletterfelsen. Bis ich 14 Uhr dort ankomme, habe ich richtig Kohldampf und kann es kaum erwarten, dass der Hüttenwirt das frisch gebackene Brot für den bestellten Sandwich aus dem Ofen zieht. 15:30 Uhr trete ich den Abstieg an und bin gute zwei Stunden später wieder an der Bushaltestelle. Skigebiete im Sommer sind was trostloses, insbesondere, wenn man mit deutschsprachigen Jodler-Schnulzen ala "Wir sind die Zillertaler Musikanten" empfangen wird.

Die Tour "Siete Lagos", die an mehr als 7 Seen vorbeiführt, kann man entweder von Bariloche aus als Tagesausflug buchen oder sie - wie ich heute - als Verbindungsetappe nach San Martin de los Andes deutlich preiswerter mit dem normalen Bus bewältigen. Der Laubwald ist von der Vulkanasche des Puyehue etwas verstaubt grau, statt satt grün. Und das Türkis der Seen leuchtet heute aufgrund des bewölkten Himmels nicht. Die Strecke durch den NP Nahuel Huapi und den sich nördlich anschließenden NP Lanin ist trotzdem schön. Es hat was Entspanntes im Bus zu sitzen, aus dem Fenster zu schauen und seinen Gedanken nachzuhängen oder zwischendurch mal ein paar Zeilen im Reiseführer lesen oder etwas auf dem Netbook rumklimpern.

Kurz vor 16 Uhr war ich dann in San Martin de los Andes. Verschiedene Erkundigungen am Busbahnhof nach der Verbindung über den Hua-Hum-Pass nach Chile kommen zu dem selben Ergebnis: dieser Bus fährt nur im Sommer. Alle verweisen mich auf die Standardstrecke auf geteerter Strasse über den Tromenpass, die in 3 Stunden Pucon erreicht. Mir geht es aber nicht ums Ankommen, sondern mich reizt speziell die Variante: erst Strasse bzw. Schotterpiste, dann argentinische Grenzstation, dann gut 1,5 Std. Autofähre über einen ganz schmalen langezogenen See und schließlich auf der chilenischen Seite schauen, wie man von dem winzigen Örtchen Puerto Fuy zum Tourizentrum Pucon kommt. Eine ähnliche weitaus bekanntere, weil total kommerzialisierte und deshalb astronomisch teure Andenquerung gibt es weiter südlich über den Lago Todos Los Santos nach Bariloche. Die Strecke, die ich vorhabe, ist deutlich ursprünglicher, wobei man ihr auch nicht gleich Expeditionscharakter zuweisen muss, denn immerhin ist sie in meinem Reiseführer abgedruckt. Trotzdem wird es jetzt, da die Sommersaison vorüber ist und der Bus nicht fährt ein kleines Abenteuer. Zugegebenermaßen habe ich ein kleines Netz und doppelten Boden: wenn ich morgen Vormittag bei meinem Tramp-Versuch zum Hua-Hum-Pass nicht mitgenommen werde, fährt 14 Uhr der Bus über die Standardroute. Zum Glück ist Sonntag, denn an allen anderen Tagen fährt der Bus schon morgens um 6 Uhr, da hätte ich keine Chance auf Plan B.

Mit Mareike und Björn, die ich beim Einchecken ins Hostal wieder getroffen hatte, verabrede ich mich für später auf ein Bier. In einem einfachen Schnellrestaurant gehe ich eine Melanesa essen. Die beiden kommen dazu und wir quatschen beim Bier, was wir seit Pt. Natales jeweils so erlebt haben.

Die Kletterfreaks, die eventuell schon gespannt auf den Bericht aus dem Cochamo-Tal warten, müssen sich noch ein wenig gedulden. Im Dschungel war ich nämlich irgendwie etwas schreibfaul; aber wird nachgereicht - versprochen.