Bereits 6.20 Uhr war Aufstehen angesagt, weil man sich um 7 Uhr in einem kleinen Cafe zum Frühstück einfinden sollte. Laut Agentur sollte dort 7:15 Uhr der Guide auftauchen. Letztendlich sammelte er uns 8:20 Uhr ein, so dass wir mit reichlich Verspätung gestartet sind und dadurch im morgendlichen Verkehrschaos und Stau festhingen.
Nach einem Tankstopp fahren wir schließlich bis zum höchsten Punkt der Tour bei 4850m. Dort werden die Räder verteilt, die reichlich technische Probleme aufweisen. Die Israelis, die sich offenbar mit Bikes auskennen, können beurteilen, welch lumpiges Material das ist. So wird bei dem einen Rad erst einmal die komplette Schaltung ausgetauscht. Eines der Räder wird sozusagen als Ersatzteillager verwendet. Das hat zur Konsequenz, dass der zweite Guide, der eigentlich vorgesehen war, um die 8er Gruppe aufzuteilen zu können, letztendlich mangels Bike nicht mitfahren konnte, sondern im Begleitfahrzeug saß. Nach dem Einkleiden sollten wir die Bikes im Flachen etwas ausprobieren. Prompt hat sich meine Schaltung mit einer Mischung aus Schlamm und Kies zugesetzt, so dass sie nicht mehr griff und gereinigt werden musste.
10 Uhr sind wir dann endlich die ersten Meter auf der Asphaltstraße den Berg runter gerollt. Es war ziemlich kalt und da war ich mehr als froh, dass ich am frühen Morgen einen super hellen Moment hatte in dem ich meine GoreTex-Jacke eingepackt und gleich zu Beginn angezogen hatte. Wir waren noch keine 5 Minuten unterwegs, da hat es angefangen zu regnen. Die ersten 500 Höhenmeter bis zu einer Straßenkontrolle an der wir uns unterstellen konnten, waren wir in 20 Min. gefahren. Dort haben wir etwas gewartet, aber der Regen wurde eher schlimmer. Bis 4200m sind wir dann noch gerollte, aber weil das alles nicht so wirklich Spaß machte und die, die nur einen Pulli anhatten sich wirklich den A. abgefroren haben, wurden die Räder wieder auf das Dach gepackt und wir sind den zweiten Teil der Teerstraße mit dem Bus runtergefahren. „So schlechtes Wetter hatten sie schon 2-3 Monate nicht mehr“ versuchte Marcello, der Guide, zu trösten. Am Checkpoint an dem man das kleine Eintrittsgeld für die Todesstraße entrichten muss, kaufe ich mir einen Tee, den ich „zum Mitnehmen“ in einer kleinen Plastiktüte mit Strohhalm bekomme.
12 Uhr geht’s dann tatsächlich los. Vor uns liegen etwa 45km km auf denen wir sage und schreibe 3400 Höhenmeter „vernichten“ müssen. Die Schotterpiste ist einspurig und führt ohne Leitplanken an steilen Abhängen entlang. Außerdem sorgen Nebel und teilweise Regen für schlechte Sicht. Zum Glück kommt uns aber die nächsten drei Stunden kein Verkehr entgegen. Erst auf den allerletzten Kilometern, wo die Straße bereits breit ist, vier PKWs. Es war also mit Blick auf „Gefährlichkeit“ und „Death“ total harmlos, denn man konnte den Speed ja selbst kontrollieren. Wenn man also nicht zu schnell in die Kurven fährt, ist das Risiko echt überschaubar. Aufgrund der vielen Regenwolken hatten wir im oberen Teil leider keine ganz so dolle Aussicht, aber hier und da tat sich am Straßenrand doch mehr Tiefblick in den Abgrund auf, als man so erwartet hatte. Als Kletterer und Bergsteiger bin ich diese Perspektive zum Glück gewohnt, denn verkrampfen sollte man besser nicht.
Einmal haben wir wirklich Glück, weil wir noch ein Stück weiterfahren bis wir zwei Unterstände erreichen und erst dort auf die letzten warten. Kaum haben wir sie erreicht, geht ein gewaltiger Platzregen nieder, der sich im wahrsten Sinne des Wortes gewaschen hat oder Regenwald eben. Diesen Stopp haben wir auch dazu genutzt, meine Hinterbremse – bekanntlich die wichtigere beim Downhill – zu reparieren. Nachdem sie anfangs noch gut gearbeitet hatte, ließ die Bremswirkung immer mehr nach.
Die Landschaft ist echt toll und vor allem völlig anders als alles, was ich bisher auf meiner Reise gesehen habe und erstaunlicher-weise auch ganz anders als um La Paz herum. Um La Paz herum hat es überhaupt keine Büsche und Bäume. Hier überall dichtester Bewuchs – Dschungel eben; total interessant. Auch wie sich das Klima änderte: oben noch saukalt, wird es mit jeder Kurve um die wir herumkommen etwas wärmer, feuchter und schließlich tropisch schwül. Schlagartig muss ich mich von GoreTex-Jacke und Fleece befreien. Es war also eine tolle Kombination aus schönem Naturerlebnis und einem schönem Down-Hill, was großen Spaß gemacht hat.
Wenn man es nicht übertreibt ist die Straße heutzutage halb so gefährlich wie der Name „Death-Road“ und ihr Ruf vermuten lassen. Aber man muss schon sagen, vor 2006 – als es die neue Straße noch nicht gab und hier der normale Verkehr drüber gelaufen ist – war das ganz klar eine völlig andere Nummer. Auf einer einspurigen Straße passen LKWs und Busse nur bedingt aneinander vorbei, so dass es zwangsweise regelmäßig zu prekären Ausweichmanövern kam. Dem gegenüber ist es für hintereinander fahrende Bikes natürlich easy. In den letzten 15 Jahren, seit sie 1995 hier die Mountainbike-Touren für Touristen machen, sind „nur“ 15 Leute ums Leben gekommen. Als es noch Normalstraße war, waren es jährlich zwischen 150 und 300.
Ich hab ja null Mountainbike-Erfahrung, aber die Enduro-Fahrerei scheint mir doch sehr geholfen zu haben. Die zwei israelischen Cracks, die immer vorneweg gebrettert sind, haben sich durchaus lobend über meine Künste geäußert. Die Tour endete tatsächlich auf 1200m mitten im Dschungel. Alle etwa 8 Tour-Busse trafen sich am selben Resort, das Buffet, Duschgelegenheiten inkl. Handtuch und Seife und einen Swimmingpool bot, bevor es dann die 3,5 Stunden zurück nach La Paz ging.